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Tod im See (Ludwig II.)

Geschichte (Lat: 47.9644; Long: 11.3474)

Der Tod im See - das Ende einer Märchenfigur

Es war Pfingstsonntag. Hofkoch Theodor Hinreis hatte sich an diesem 12. Juni 1886 wirklich alle Mühe gegeben, ein besonderes Abendessen für den Märchenkönig auf den Tisch zu bringen. Es sollte ein Consommé aux perles de Nizam geben, danach ein Omelette ris de veau, gefolgt von einem Poulet roti, Salade d'asperges. Zum Abschluss ein Aprikosen-Kompott. Doch König Ludwig II. kam nicht zum Abendessen. Eigentlich wollte der König mit seinem Psychiater Bernhard von Gudden vor dem Nachtmahl nur einen kurzen Sparziergang am Ufer des Sees machen.

Als der Monarch und sein Begleiter ausblieben, begann die Dienerschaft mit der Suche nach den Vermissten. Erst gegen 22.30 Uhr sahen sie im Licht ihrer Fackeln den leblosen Körper des Königs im flachen Wasser dümpeln, an der Stelle, an der heute das Teakholzkreuz steht. Die Zeiger seiner Uhr waren um 18.54 Uhr stehen geblieben. Mit Ludwig starb sein Psychiater Dr. von Gudden. Nach offizieller Lesart wollte der abgesetzte Herrscher sich im See ertränken und von Gudden soll versucht haben, den König am Selbstmord zu hindern. Das klang zunächst plausibel, denn hatte Ludwig nicht kurz zuvor verlauten lassen: "Von der höchsten Stufe des Lebens hinabgeschleudert zu werden in ein Nichts - das ist ein verlorenes Leben; das ertrage ich nicht."

Dass es einen Kampf gegeben haben muss, erkennt man aus der Totenmaske des Psychiaters. Sie weist eine deutlich sichtbare Beule über dem rechten Auge und Kratzspuren an der Nase auf. Aber wie hätte sich ein Hüne wie Ludwig II., - er maß immerhin 1,93 Meter - in einem knietiefen See ertränken können? Schnell waren Gerüchte im Umlauf. Hatte Dr. Gudden nicht wenige Tage vor dem versammelten bayerischen Kabinett erklärt, dass der König seelisch erkrankt sei, worauf man ihn am 10. Juni entmündigt hatte und an seiner Stelle Prinz Luitpold zum Regenten ernannte? Wollte der Monarch womöglich aus seinem Arrest in Schloss Berg fliehen und wurde dabei von dem Nervenarzt aufgehalten? Die Tatsache, dass sich der Hoffischer Jakob Liedl mit seinem Kahn zu der Zeit im seichten Wasser des Sees aufhielt, könnte darauf hinweisen. Aber hatte Lidl nicht einen Schuss gehört? Warum war die Uhr Guddes erst um 20.10 Uhr stehen geblieben? Warum war die Leiche des Königs nicht ins Schloss gebracht worden, sondern lag noch über Stunden in einer dunklen Fischerhütte? Warum wurde diese Hütte zwei Tage nach dem Unglück abgerissen? Wollte man so Blutspuren vertuschen, die auf einen Schuss hingedeutet hätten? Und woher hatte der Fischer Lidl plötzlich seinen Reichtum? Mysteriös, mysteriös. Die Bayern lieben diese Geheimnisse um ihren Märchenkönig. Dabei vergessen sie, dass der sich um dass Wohl seiner Untertanen reichlich wenig geschert hat. Und hatten sie nicht bemerkt, dass Ludwig mit seiner Bauwut die Staatsfinanzen so ruiniert hatte, dass am Schluss ausgerechnet die verachteten Preußen und der eiserne Kanzler Bismark in Berlin ihre bayerische Heimat vor dem Bankrott retten mussten. Es gab tatsächlich einmal Zeiten, da war Berlin Zahler und Bayern Empfänger im Länderfinanzausgleich.

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