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Schloss Herrenchiemsee

Profanbau (Lat: 47.8602; Long: 12.4021)

Schloss Herrenchiemsee - Ludwig und der Sonnenkönig

Als junger Herrscher hatte Ludwig II. 1867 Frankreich besucht. Er wollte unbedingt das von seinem Namensbruder Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, erbaute Schloss von Versailles besichtigen. Schon in jungen Jahren hatte es ihm diese Macht-demonstation eines absoluten Herrschers angetan. Aufgrund eines Todesfalls musste Ludwig die Reise jedoch abbrechen, noch bevor er Versailles zu Gesicht bekommen hatte. Aber der Traum von einem bayerischen Versailles ließ Ludwig nicht mehr los. 1868 gab er seinem Architekten Georg von Dollmann den Auftrag zur Planung eines Pavillons im Stil des Petit Trianon. Er sollte auf dem Gelände von Schloss Linderhof erbaut werden. Das Projekt bekam den Decknamen: Meiscost Ettal. Spötter mögen daraus "Meist-Kost" gemacht haben. Aber der Deckname ist auch so symbolträchtig, handelt es sich doch um ein Anagramm des Leitspruchs von Ludwig XIV. Und der lautete bekanntlich: "L'État c'est moi" - "der Staat bin ich". Das entsprach durchaus dem Herrschaftsverständnis von Ludwig II.

Ludwig II. veranlasste mehrere Überarbeitungen der Planung. Am Schluss waren die Dimensionen so enorm, dass der Platz im Gelände von Linderhof nicht ausreichte. Die Pläne wurden zunächst ad acta gelegt. Stattdessen ging man an den Ausbau des vorhandenen Schlosses Linderhof.

1870 ergab es sich, dass eine Holzfirma aus Württemberg die Insel Herrenwörth im Chiemsee erwarb. Die neuen Eigentümer planten die Abholzung des gesamten Waldbestandes, was seinerzeit zu starken Protesten der Seeanlieger führte. Die Presse berichtete ausführlich darüber. Auf diese Weise wurde Ludwig II. auf die unbewohnte Insel aufmerksam. 1873 erwarb er das Eiland. Endlich hatte er den geeigneten Platz für sein Meiscost Ettal. Fünf Jahre später begannen die Arbeiten zum neuen Schloss. 1881 waren die Prunkschlafzimmer vollendet. Die Fertigstellung seines Traums sollte Ludwig jedoch nicht mehr erleben. Am Pfingstsonntag 1886 ertrank er auf mysteriöse Weise im Starnberger See. Sein Nachfolger Prinzregent Luitpold ließ die Bauarbeiten einstellen und machte gleichzeitig das das halbfertige Schloss für Besucher zugänglich. Schloss Herrenchiemsee ist bis heute ein Torso geblieben.

Obwohl nur Teile des ursprünglich geplanten Baus fertiggestellt wurden, war Herrenchiemsee teurer als die beiden Schlösser Neuschwanstein und Linderhof zusammen. 16,6 Millionen Mark kostete der Traum. Richtig einordnen kann man diese Summe, wenn man vergleicht, dass ein Arbeiter auf der Schlossbaustelle weniger als eine Mark am Tag verdiente - und das bei einem Zwölfstundentag. Versailles galt über einhundert Jahre als das Zentrum von ganz Frankreich und wurde von über tausend Bediensteten, unzähligen Hofschranzen und Beamten bevölkert. Fast täglich gab es prunkvolle Feste, Gondelfahrten, Soiréen und natürlich Affären. Von all dem überschwänglichen Hofleben sollte es hier auf Schloss Herrenchiemsee nichts geben. Der Märchenkönig wollte allein sein - nur wenige Diener durften ihn umgeben. Nicht umsonst nannte Thomas Mann Ludwigs Schlösser: "Monumente königlicher Menschenscheu."



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