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Friedhofskrieg

Geschichte (Lat: 48.5302; Long: 11.5048)

Der Friedhofskrieg von Pfaffenhofen - von wegen: Ruhe in Frieden

Eigentlich sollte man denken, dass die Menschen wenigstens auf dem Friedhof ihre Ruhe finden. Dass dies keineswegs der Fall sein muss, haben die Pfaffenhofener einst nachhaltig bewiesen. 1748 hatte die kurfürstliche Regierung befunden, dass der Stadtfriedhof mittlerweile voll belegt sei und dass es keine weiteren Bestattungen dort geben dürfte. Ab sofort - so die Anweisung - seien die Toten auf dem Altenstädter Friedhof außerhalb der Mauern zu bestatten. Die Regierung hatte nämlich festgestellt, dass die Toten schon in mehreren Schichten übereinander lagen. Manche Leichname konnten nur dürftig mit Erde bedeckt werden. Durch die Verwesung der Leichen - so die offizielle Lesart - läge ein unerträglicher und ungesunder Dunst über der Stadt. Die Missstände stanken förmlich zum Himmel.

Der Stadtrat weigerte sich jedoch, die Regierungsanordnung umzusetzen. Begründet wurde die ablehnende Haltung damit, dass vor allem im Winter und bei schlechter Witterung den Sargträgern der morastige Weg zum neuen Friedhof nicht zumutbar sei. Außerdem würden die Totengräber einen dreimal höheren Sold verlangen, weil der Weg so viel weiter sei. Der wahre Grund aber war ein anderer: Auf dem außerstädtischen Friedhof waren vor allem arme Häusler, Bauern und Knechte begraben, während der Stadtfriedhof den feinen Leuten von Pfaffenhofen vorbehalten war. Hatte man als Bürger nicht sein ganzes Leben alles dafür getan, sich vom Gesindel abzuheben? Und jetzt sollte man auf ewig Seit an Seite mit dem Gschwerl zusammenliegen?

Fünfzig Jahre gingen ins Land, ohne dass der Stadtrat nachgegeben hätte. 1792 wurde es der Regierung schließlich zu dumm. Sie verbot jegliches Begräbnis auf dem alten Friedhof. 1798 ging sie zum Äußersten und ordnete sogar an, dass dort alle Kreuze abzuräumen seien. Die Volksseele kochte. Das Gerücht kam auf, der Gerichtsschreiber Auer und der Stadtpfarrer Meindl würden hinter der Regierungsanordnung stecken. Während sich der Stadtrat zur Beratung im Rathaus traf, versammelte sich eine Schar von Bürgerinnen, um den hinterhältigen Pfarrer zu "insultieren", sprich: zu verprügeln. Die aufgebrachten Frauen drangen gewaltsam ins Pfarrhaus ein und durchsuchten die Räumlichkeiten nach dem Verräter. Vergeblich. Nur dem mutigen Einschreiten eines Oberstleutnants war es zu verdanken, dass sich die Frauen zurückzogen.

Solch renitentes Verhalten konnte sich Kurfürst Karl Theodor nicht gefallen lassen. Er schickte eine Exekutionstruppe von 100 Mann nach Pfaffenhofen. Die Soldaten bezogen Quartier bei den renitenten Bürgern und begannen umgehend mit der "Rasierung" des Friedhofs, indem sie die Kreuze und Grabmale herausrissen. Zwei Rädelsführer des Pfaffenhofener Friedhofsstreits wurden mit einem Pferdewagen ins kurfürstliche Gefängnis nach München verfrachtet. Die Anführerinnen des "Weiberhaufens" mussten für zwei Stunden in die Geige. Danach war Pfarrer Meindl in Pfaffenhofen nicht mehr zu halten. Die Kirchenoberen befürchteten schon, dass ihre Kirchenbänke leer bleiben würden. Sie versetzten Meindl nach Vohburg und an seiner Stelle trat der dortige Pfarrer Franz Xaver Amberger sein Amt in Pfaffenhofen an. Amberger wurde zum Chronisten der damaligen Zeit. Ihm verdanken wir nicht nur die Schilderung des Friedhofskrieges, sondern auch zahlreiche Berichte über die Zeit der Franzosenkriege gegen Napoleon. Mancher Pfaffenhofener dürfte sich da gedacht haben: "Ach wärs doch nur beim Friedhofskrieg geblieben."

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