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Stadtmauer

Profanbau (Lat: 48.8529; Long: 10.494)

Die Stadtmauer - wie eine harte Schale um einen weichen Kern

"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt." Was Wilhelm Tell so treffend auf den Punkt gebracht hat, war auch König Ludwig, dem späteren Kaiser Ludwig dem Bayern bewusst. Die neidischen Nachbarn hätten sich allzu gerne sein reiches Nördlingen - um es salopp zu sagen - unter den Nagel gerissen. Aus dem Grund befahl König Ludwig bereits 1327 dem Rat der Stadt den Bau einer Festungsmauer zum Schutz seiner freien Reichsstadt.

2632 Meter sollte die fast kreisrunde Stadtmauer am Ende lang sein. Sie ist bis heute vollständig erhalten. Unten wurde der Mauerring aus Bruchstein gemauert, im oberen Teil verwendeten die Handwerker handgemachte Ziegel. Der Wehrgang war mit Ziegeln gedeckt, wodurch die Verteidiger bei einem Beschuss mit Brandpfeilen besser geschützt waren. Achtzehn Wehrtürme und zwei Bastionen verstärkten und sicherten das Festungswerk. Um Zwei Drittel der Stadt zog sich ein Wassergraben, der von der Kornlach gespeist wurde.

Nun hatten die rund 5000 Einwohner von Nördlingen natürlich nicht das Geld, dieser Forderung ihres Königs nachzukommen. König Ludwig erlaubte ihnen deshalb, ein so genanntes Ungeld zu erheben. Darunter versteht man eine Verbrauchssteuer - in dem Fall auf alkoholische Getränke wie Bier und Wein. Man kann sich vorstellen, welche Unmengen an Alkohol von den Bürgern konsumiert werden mussten, um auch nur einen kleinen Mauerabschnitt zu finanzieren. Manchem Bürger mag es dabei gerade recht gewesen sein, dass er seine Räusche vor seiner Ehefrau damit begründen konnte, es sei ihm ja nur um die Sicherheit der Stadt gegangen. Noch eine Geldquelle erschlossen die findigen Nördlinger: Straffällige oder säumige Steuerzahler mussten die Strafe in Form von Bauleistungen erbringen. Ein interessantes Modell, das man vielleicht auf unsere Zeit übertragen könnte.

Abgesehen von der Finanzierung, war die Errichtung einer solchen Stadtmauer für eine Stadt, wie Nördlingen ein ungeheures Unterfangen. Es gab keine Baufahrzeuge für das Material, keine Bagger, Planierraupen, Kräne. Die Ziegel mussten von Hand geformt und in kleinen Brennöfen gebrannt werden. Wie gesagt, Nördlingen zählte damals gerade einmal 5000 Einwohner. Eigentlich konnten nur erwachsene Männer an der Baustelle eingesetzt werden. Viele Handwerker waren aber in ihren angestammten Berufen unentbehrlich. Wer sollte Getreide mahlen, Brot backen, Leder gerben? Deshalb verwundert es nicht, dass der erste Bauabschnitt erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts fertiggestellt werden konnte. Dummerweise hatte sich aber in der Zwischenzeit die Wehrtechnik fortentwickelt. Die neuen Mörser und Kanonen hatten eine ungeheure Durchschlagskraft, denen die mittelalterliche Mauer wenig entgegenzusetzen hatte. Trotzdem hat die Ummauerung manchen Aggressor von einer Belagerung Nördlingens abgehalten.

Den größten Nutzen stiftete die Stadtmauer aber heute als Anziehungspunkt für Touristen. Wenn heute fremde Eindringlinge in die Stadt drängen, so sind sie den Nördlingern sogar willkommen.

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