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Stadtturm

Wehrbau (Lat: 48.3064; Long: 11.907)

Der Erdinger Stadtturm - zwei Fliegen mit einer Klappe

Lange war man der Ansicht, die Grundmauern des imposanten Stadtturms stammten aus römischen Zeiten und seien Teil eines Wachturms gewesen. Allerdings geht man heute davon aus, dass das Gemäuer nicht so alt ist. Immerhin siebenhundert Jahre dürften vergangen sein, seit die ersten sieben Stockwerke erbaut wurden. Damit ist der Stadtturm das älteste noch erhaltene Gebäude der Stadt. Seine heutige Höhe von 46 Metern erreichte der Turm, als in der Spätgotik zwei weitere Stockwerke draufgesetzt wurden, um einen Raum für den Turmwächter zu schaffen. 1562 wurde der Turm durch den Neubau des Rathauses von drei Seiten eingefasst.

Seit dem Bau der angrenzenden Kirche St. Johannes dient der Turm auch als Glockenturm der angrenzenden Pfarrkirche. Ob etwas dran ist an dem Gerücht, dass den Erdingern beim Bau ihrer Stadtkirche das Geld ausgegangen ist und es nicht mehr für einen eigenen Kirchturm reichte, weiß man nicht. Vielleicht haben die Erdinger einfach nur praktisch gedacht: Warum einen weiteren Turm bauen, wenn eh schon einer da ist? So hat der Stadtturm seit Jahrhunderten eine Doppelfunktion: Er ist Luginsland und Glockenturm zugleich. Und die Geschichte um die "Erdinger Turmschieber" haben sich sicher die neidischen Nachbarn aus Moosburg ausgedacht, die niemals auf eine solch geniale Idee, wie die mit der Doppelnutzung gekommen wären.

Kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges war Erding wieder einmal von den Schweden besetzt. Bevor sie durch den kaiserlichen General Piccolomini vertrieben werden konnten, zündeten die Besatzer kurzerhand die Stadt und den Stadtturm an. Der Wiederaufbau wurde übrigens durch eine eigens eingeführte Biersteuer finanziert. Man sieht - Erding und Bier bilden seit jeher eine Symbiose.

1866 musste der Turm erleben, wie zu seinen Füßen das alte Rathaus abgerissen wurde, um an seiner Stelle eine Halle für die Getreideschranne zu errichten. Erding war damals der zweitwichtigste Umschlagplatz für Korn in ganz Bayern. Zeiten vergehen. Mit dem Aufkommen der landwirtschaftlichen Genossenschaften und ihrer Lagerhäuser am Ende des 19. Jahrhunderts schwand die Bedeutung des Getreidemarkts. Am 3.12 1911 wurde der Schrannenbetrieb ganz eingestellt.

Nach verschiedenen zwischenzeitlichen Nutzungen residiert seit Ende des Zweiten Weltkriegs die Stadtsparkasse in dem Gebäude. Böse Zungen meinen: Wo einst Getreidesäcke standen, werden heute Geldsäcke gelagert. Unbeeindruckt von all dem wacht seit nunmehr sieben Jahrhunderten der Erdinger Stadtturm. Übrigens unverrückt und noch immer an der selben Stelle - fünf Meter von St. Johannes entfernt.

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