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St. Sebastian

Sakralbau (Lat: 48.0775; Long: 11.9714)

St. Sebastian - Gehirn und Geist

Die Sebastians-Wallfahrt hat ihren Ursprung bereits im frühen Mittelalter. Menschen strömten von weit her und versammelten sich in Ebersberg, um hier die Kommunion zu empfangen. Der Heilige Sebastian sollte vor Pest und anderen Seuchen schützen. Als Abendmahlskelch diente zwar kein veritabler Totenschädel, aber doch immerhin die Hirnschale eines Menschen. Um genau zu sein - die Hälfte einer Hirnschale. Die passende zweite Hälfte befindet sich in der Kathedrale von Soissons nördlich von Paris. Besagtes Kopfteil gehörte ursprünglich zum Körper des heiligen Sebastian. Dieser war Offizier der Leibwache des römischen Kaisers Diokletian und, was in einer solchen Stellung nicht unproblematisch war, bekennender Christ. Er wurde aufgrund seines Glaubens zum Tode verurteilt und von den Pfeilen nubischer Bogenschützen durchbohrt.

931 brachte der Probst des Klosters Ebersberg diese halbe Hirnschale mit nach Hause von seiner Pilgerreise nach Rom. Um die Reliquie entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit eine der bedeutendsten Wallfahrten im süddeutschen Raum, wovon Kloster und der angrenzende Ort Ebersberg bestens profitierten.

Aber selbst der heilige Sebastian konnte nicht verhindern, dass es am 4. Mai 1305 zu einem folgenschweren Unglück kam. Während der Vesper hatte ein wahnsinniger Mönch Feuer gelegt. Kirche, die Konventsgebäude und zahlreiche Häuser der Ortschaft brannten ab. Das Kloster wurde wieder aufgebaut und später im Lauf der Jahrhunderte mehrmals erweitert und die Kirche vielfach umgestaltet.

Hundert Jahre, nachdem das Kloster unter seinem Abt Sebastian Häfele seinen Höhepunkt erreicht hatte, lebten gerade noch fünf Mönche im Konvent. Das Geld war aus. Daraufhin verfügte Herzog Wilhelm V. 1595 die Zwangsräumung und übergab die Klosteranlage an die konkurrierenden Jesuiten. Diese waren bekannt dafür, dass sie die Gegenreformation in Bayern vorantrieben, was Herzog Wilhelm ein wichtiges Anliegen war. Zweihundert Jahre lief es dann ganz gut für die Jesuiten. Als dann 1773 ihr Orden von Papst Clemens XIV. verboten wurde, beteten und arbeiteten für wenige Jahrzehnte die Malteserritter im Ebersberger Kloster. 1808 mit der Säkularisierung kam das endgültige Aus für die Abtei. Seither fungiert St. Sebastian als Stadtpfarrkirche.

Wenn man die Kirche durch den westlichen Eingang betritt, muss man durch das eisenbeschlagenen Tor. Die beiden romanischen Türklopfer in Form von Löwenköpfen gelten als die ältesten Plastiken im Landkreis. Über dem Innenportal wacht eine Figurengruppe mit dem reich gewandeten Sebastian. Er hält in der einen Hand einen Pfeil, in der anderen die Märtyrerpalme. In der Vorhalle stolpert man fast über das imposante Stiftergrab von 1500. Dargestellt sind Graf Ulrich und seine Gemahlin. Sie strecken der in den Wolken erscheinenden Mutter Gottes ein Modell der Kirche entgegen. Hier in der Ecke hat Baumeister Randeck dezent ein Bildnis von sich hinterlassen. Im Hochaltar steht zentral die Figur des Heiligen Sebastian, der von zahlreichen Pfeilen durchbohrt ist.

Als kunsthistorisch besonders wertvoll gilt die frühbarocke Ausstattung der Sebastianskapelle mit einem Marmoraltar von 1641. Hier befindet sich das eigentliche Heiligtum, das in Silber getriebene Büstenreliquiar von 1450. Die Kopfbedeckung kann abgenommen werden, so dass man an die Hirnschale kommt. Während des Kults nimmt der Priester besagtes Kopfteil heraus und füllt es mit Messwein.

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