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Raufferhaus

Profanbau (Lat: 48.2595; Long: 11.4331)

Das Raufferhaus - Notizen aus der Provinz

Kein geringerer, als der durchaus streitlustige Rechtsanwalt Ludwig Thoma unterhielt hier im Haus in den Jahren 1894 bis 1897 seine Anwaltskanzlei. Auf einer Durchreise war er auf das beschauliche Dachau aufmerksam geworden. In seinen Lebenserinnerungen schilderte Thoma, wie er mit einem Vermögen von 100 Mark im Hause eines Dachauer Schneidermeisters eine Kanzlei aufgemacht hat und dabei der erste am Ort ansässige Advokat gewesen sei. Hier erwies sich Thoma als durchaus phantasiebegabt: Die hundert Mark waren nicht sein Vermögen sondern geliehen, der Schneidermeister Rauffer unterhielt ein veritables Textilhaus und es gab vor ihm schon mehrere Anwälte am Ort. Beim Einzug müssen dem Vermieter Rauffer erste Bedenken gekommen sein. Besaß doch der neue Mitbewohner nicht einmal ausreichend Mobiliar, um alle Räume zu bestücken. Und Oberamtsrichter Joseph Schub begrüßte den neuen Rechtanwalt wirsch mit den Worten: "So? Sie san der?" - als sei Thoma schon ein entsprechender Ruf vorausgeeilt.

Die Kanzlei lief jedoch gut, Thomas Einkünfte stiegen. Offensichtlich gab es genug Streitpotential innerhalb der Bevölkerung, um dem Advokaten ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Was aber die Arbeit von Thoma als Anwalt der bäuerlichen Bevölkerung besonders wertvoll machte, waren die Geschichten und Anekdoten, die er während seiner anwaltlichen Tätigkeit sammeln konnte. Daraus machte Thoma zunächst literarische Beiträge für die Augsburger Abendzeitung und verwendete später das Material auch in seinen Theaterstücken, Kurzgeschichten und Romanen. Auch nach seinem Wegzug nach München kam Thoma immer wieder in die Dachauer Gegend, etwa um zu jagen. Gerne traf er sich mit seinem Freund, dem Bildhauer Ignazius Taschner, dem Dachau den Brunnen am Rathaus verdankt. Zu seinen Lebzeiten war Thoma in Dachau durchaus nicht unumstritten. Der Amperbote - die regionale Zeitung -- schrieb sogar: "Es würde uns freuen, wenn der Verfasser (...) sein Glück einmal in anderen Gegenden versuchen wollte." Trotzdem hat die Stadt ihr Gemeindehaus nach dem Dichter benannt.

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